E-Skin für Roboter: Sensorik schlägt menschlichen Tastsinn

Verantwortlicher Redakteur:in: Rainer Trummer 3 min Lesedauer

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Eine elektronische Haut, eine E-Skin, an der National University of Singapore entwickelt, verleiht Robotern und Prothesen einen außergewöhnlichen Tastsinn. Das Sensorsystem reagiert 1‘000 mal schneller als der menschliche Tastsinn, Rekord für eine elektronische Haut.

(Quelle: National University of Singapore)

Eine neuartige elektronische Haut haben Forscher an der National University of Singapore entwickelt. Diese E-Skin für Roboter und Prothesen zeichnet sich durch einen außergewöhnlichen Tastsinn aus. Das Sensorsystem reagiert 1‘000 mal schneller als der menschliche Tastsinn, Rekord für eine elektronische Haut. 

Roboter und Prothesen könnten bald auf ähnliche Weise Berührungen empfinden wie die menschliche Haut. Dafür haben Wissenschaftler an der National University of Singapore (NUS) ein künstliches Nervensystem namens Asynchronous Coded Electronic Skin (ACES) entwickelt. Es zeichnet sich durch sehr kurze Reaktionszeiten und eine robuste Bauweise aus. Damit es effektiv als elektronische Haut funktioniert, lässt es sich mit jeder Art von Sensorik koppeln.

Im Journal Science Robotics stellen Assistant Professor Benjamin Tee und sein Team vom Department of Materials Science and Engineering die Arbeit vor.

E-Skin: Schneller als die menschliche Sinneswahrnehmung

Tee erklärt: „Wir Menschen nutzen unseren Tastsinn für fast jede Alltagsaufgabe, das Hochheben einer Tasse oder das Händeschütteln. Ohne Tastsinn würden wir beim Laufen sogar unser Gleichgewicht verlieren. Auf ähnliche Weise benötigen Roboter einen Tastsinn, um besser mit Menschen zu interagieren. Aber momentan können Roboter Objekte noch nicht sehr gut erfühlen“.

Die menschliche Sinneswahrnehmung vor Augen hat das NUS-Team anderthalb Jahre mit der Entwicklung eines Sensorsystems zugebracht, das sich als besonders leistungsfähig herausstellen sollte. ACES erkennt Signale wie das menschliche Nervensystem. Es besteht aus einem Sensornetz, das über einen einzelnen elektrischen Leiter verbunden ist. Darin unterscheidet es sich vom menschlichen Pendant mit seinen Nervenfasern in der Haut. Auch von den vorhandenen E-Skins weicht die die Lösung ab, denn deren verkettete Schaltungen machen sie für Beschädigungen anfällig und schwer zu skalieren. 

Die menschliche Sinneswahrnehmung sei enorm effizient, so Tee. Sie arbeite immer, so dass wir sie als selbstverständlich betrachten. „Sie erweist sich als sehr robust gegen Beschädigungen. Unser Tastsinn geht beispielsweise nicht verloren, wenn wir uns in die Haut schneiden. Wenn wir die Funktionsweise unseres biologischen Systems nachbilden können, werden wir enorme Fortschritte in der Robotik erreichen.“

Robuste und skalierbare elektronische Haut

ACES kann Berührungen mehr als 1‘000 mal schneller erkennen als das menschliche Nervensystem. So ist es beispielsweise in der Lage, physische Kontakte zwischen verschiedenen Sensoren in weniger als 60 Nanosekunden zu differenzieren. Sogar mit vielen Sensoren hat bisher keine E-Skin diese hohe Leistung erreichen können. Zudem kann die mit ACES ausgestattete Haut Form, Textur und Härte von Objekten in unter 10 Millisekunden identifizieren, nur ein Zehntel der Dauer eines Augenzwinkerns.

Die Plattform lässt sich auch auf besondere Robustheit auslegen, eine Eigenschaft, die für E-Skins in häufigem physischen Kontakt mit der Umgebung unerlässlich ist. Anders als aktuelle in E-Skins eingesetzte Systeme, die Sensoren zusammenschalten, lassen sich alle Sensoren in ACES mit einem herkömmlichen elektrischen Leiter verbinden. Dabei operieren die Sensoren unabhängig voneinander. E-Skins mit ACES sollen daher solange funktionieren, wie eine Verbindung zwischen Sensor und Leiter besteht, was sie weniger anfällig für Beschädigungen machen soll.

Intelligente E-Skin für Roboter und Prothesen

Mit einfacher Schaltung und hoher Reaktivität auch bei wachsender Zahl von Sensoren lassen sich intelligente E-Skin-Lösungen für die künstliche Intelligenz in Robotern, prothetischen Geräten und anderen Mensch-Maschine-Schnittstellen jeweils passend skalieren.

Da die elektronische Haut große Oberflächen auf den Robotern oder Prothesen überdecken müsse, sei die Skalierbarkeit, so Tee, ein wichtiges Kriterium. Man könne ACES leicht mit anderen hautnahen Sensorsystemen etwa für Temperatur- oder Feuchtigkeitsmessung kombinieren. Ein Beispiel für eine solche Verschmelzung stellt die transparente, selbstheilende und wasserabweisende Sensorhaut dar. Sie ist ebenfalls in den Labors von Prof. Tees Gruppe entstanden. Wie die menschliche Haut kann sie sich selbst reparieren. Damit dürfte sie zur Entwicklung realistischerer prothetischer Gliedmaßen beitragen, die helfen, den Tastsinn der Betroffenen wiederherzustellen.

Zu weiteren denkbaren Einsatzgebieten gehören die Entwicklung intelligenterer Roboter, die bei der Bergung im Katastropheneinsatz helfen, oder die Produkte in Lagerhäusern verpacken können.

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Bild: Roboter und Prothesen könnten ähnlich Berührungen empfinden wie die menschliche Haut. Dafür haben Wissenschaftler an der National University of Singapore (NUS) ein künstliches Nervensystem namens Asynchronous Coded Electronic Skin (ACES) entwickelt. Bild: National University of Singapore