Molekulardynamik-Simulation mit VR: Wie Medikamente besser wirken

Verantwortlicher Redakteur:in: Rainer Trummer 4 min Lesedauer

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Forschende an der Universität Bristol sind Vorreiter bei der interaktiven Molekulardynamik-Simulation mit VR für die Entwicklung neuer Arzneimittel.

(Quelle: Universität Bristol)
  • Viele Medikamente wirken, indem sie an Proteine von Erregern andocken und deren Wirkung eliminieren.

  • Zentral in der Arzneimittelentwicklung ist es, kleine Moleküle zu finden, die sich eng an bestimmte Proteine binden, und zu verstehen, was diese enge Bindung ausmacht.

  • Forschende an der Universität Bristol entwickeln in diesem Kontext eine neue Lösung für die interaktive Molekulardynamik-Simulation mit VR.

Forschende an der Universität Bristol sind Vorreiter beim Einsatz von interaktiver Molekulardynamik-Simulation mit VR (iMD-VR) für die nächste Generation von Arzneimitteln.

Die in der Zeitschrift PLOS ONE veröffentlichten Ergebnisse beschreiben, wie die Forschenden VR für das Verständnis der Wirkung gängiger Medikamente auf molekularer Ebene nutzen. Medikamente bestehen aus kleinen Molekülen, und um neue Medikamente zu entdecken, gilt es Moleküle zu finden, die an biologische Ziele wie Proteine andocken.

In der Studie konnten die Anwender mit Hilfe von VR in Proteine "eintauchen" und sie und die sich daran bindenden Medikamente durch interaktive Molekulardynamik-Simulation in VR (iMD-VR) auf atomarer Ebene manipulieren. Mit diesem iMD-VR-Ansatz dockten die Forscher Wirkstoffmoleküle an Proteine an und konnten genau vorhersagen, wie die sich die Wirkstoffe binden. Unter den untersuchten Systemen waren Medikamente gegen Grippe und HIV.

Mit Molekulardynamik-Simulation in die Proteine einsteigen

Professor Adrian Mulholland vom Centre for Computational Chemistry der Universität Bristol und Mitleiter der Arbeit, sagte: "Viele Medikamente wirken, indem sie sich an Proteine binden und deren Wirkung unterbinden. Durch die Bindung an ein bestimmtes Virusprotein kann ein Medikament beispielsweise die Vermehrung des Virus stoppen.

Um gut zu binden, muss ein kleinmolekularer Wirkstoff gut in das Protein passen. Ein wichtiger Teil der Arzneimittelentwicklung besteht darin, kleine Moleküle zu finden, die sich eng an bestimmte Proteine binden, und zu verstehen, was diese enge Bindung ausmacht, was wiederum zur Entwicklung besserer Medikamente beiträgt.

Um neue Therapien zu entwerfen, müssen Forscher verstehen, wie sich die Wirkstoffmoleküle in ihre biologischen Ziele einfügen. Dazu verwenden wir VR, um diese als vollständig dreidimensionale Objekte darzustellen. Die Anwender können dann ein Medikament in das 'Schlüsselloch' einer Proteinbindungsstelle einpassen, um zu entdecken, wie sie zusammenpassen.“

Anwender können korrekt vorhersagen, wie sich die Medikamente binden

In der Studie wurde den Anwendern die Aufgabe gestellt, Medikamente an Target-Proteine wie die Influenza-Neuraminidase und die HIV-Protease zu binden. Die Tests zeigten, dass die Anwender korrekt vorhersagen konnten, wie die Medikamente an die Target-Proteine binden. Indem sie das Medikament in das Protein hineinziehen, konnten sie Strukturen aufbauen, die den Strukturen der aus den Experimenten gefundenen Medikamentenkomplexe sehr ähnlich sind.

Selbst Laien konnten Medikamente effektiv an die Proteine andocken. Dies zeigt, dass sich mit Hilfe der interaktiven VR genau vorhersagen lässt, wie neue potenzielle Medikamente an ihre Targets binden. Die Studie zeigt, wie VR auch von Nicht-Experten effektiv beim strukturbasierten Wirkstoffdesign eingesetzt werden kann. Sie verwendet eine leicht verfügbare VR-Ausrüstung und ein Open-Source-Software-Framework, so dass sie von jedermann angewandt werden kann.

VR-Lösung besser als nicht-interaktive Molekulardynamik-Simulation

Professor Mulholland erklärt: "Ein wichtiger Aspekt der Arbeit ist, dass die Medikamente und ihre Protein-Targets völlig flexibel sind: Wir modellieren ihre strukturellen Veränderungen und ihre Dynamik, und die Anwender können sie interaktiv manipulieren, um herauszufinden, wie die Medikamente mit ihren biologischen Targets interagieren. Dies ist eine wirklich spannende und leistungsfähige Art und Weise, die Bindung von Medikamenten zu modellieren. Wir haben in dieser Arbeit gezeigt, dass sie genaue Ergebnisse liefert. Diese Instrumente werden bei der Konzeption und Entwicklung neuer Medikamente nützlich sein.

Molekulardynamik-Simulation: Anwenderin mit Protein
(Die Anwenderin interagierte mit einem Protein in VR. Bildquelle:Universität Bristol)

Dr. David Glowacki, Senior Research Fellow der Royal Society an der School of Chemistry und der Fakultät für Informatik in Bristol, sagte: "Unsere Ergebnisse zeigen, dass es möglich ist, Medikamente von Protein-Targets auf einer Simulationszeitskala zu lösen und wieder zu binden, die deutlich kürzer ist als die Zeitskala ähnlicher Ereignisse, die mit Hilfe nicht-interaktiver Molekulardynamik-Simulation beobachtet werden.

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Es ist auch wichtig zu betonen, dass die mit iMD-VR erzeugten vollständigen Entkopplungs- und Wiederbindungsereignisse von den Benutzern in weniger als fünf Minuten Echtzeit erreicht wurden.

Wo Nicht-Experten die Atome in der korrekten Position angezeigt wurden, konnten alle Teilnehmer eine Andock-Position verwirklichen, die nahe genug an der Ausgangsstruktur lag, um wissenschaftlich als ‚redocked‘ angesehen zu werden.“

Wo keine wegweisenden Atome angezeigt wurden, waren die Bindungspositionen verständlicherweise unterschiedlicher, aber die Benutzer konnten sich trotzdem in allen drei Systemen in den gleichen Bereich der akzeptierten gebundenen Position bewegen. Diese Ergebnisse wurden innerhalb einer einzigen einstündigen Trainingseinheit mit jedem Teilnehmer erreicht, was die Nutzbarkeit dieser VR-Lösung demonstriert.

Die Forschung wurde mit Mitteln des EPSRC und der Royal Society unterstützt.

Bild oben: Das Influenza-Medikament Tamiflu (hervorgehoben) ist an das virale Protein gebunden, gegen das es gerichtet ist: die Neuraminidase (violett bis gelb). Ein Rendering des VR-Headsets und der Controller wird zusammen mit dem Protein dargestellt. Bildquelle: Universität Bristol

Weitere Informationen: https://www.bristol.ac.uk/

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