Humanoide Roboter Humanoide Roboter: Was die neue Generation alles kann

Verantwortlicher Redakteur:in: Rainer Trummer 4 min Lesedauer

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Wie erreichen wir, dass Roboter zum festen Bestandteil unseres Alltags werden? Dieser Herausforderung stellt sich Enchanted Tools mit Unternehmensgründer Jérôme Monceaux, Mitentwickler der Roboter Pepper und Nao. Das französische Start-up präsentierte nun Miroki, den Prototypen einer neuen Generation humanoider Roboter.

(Quelle: Enchanted Tools/Maxon)

Humanoide Roboter: Miroki ist eine liebenswerte Roboter-Persönlichkeit. Der kleine Fuchs aus dem Weltall – halb Kind, halb Tier – ist mit einem Extra-Feature versehen, das sein Schöpfer gerne als „Seele“ bezeichnet. Zu verdanken ist dies einem starken Storytelling und einem überzeugenden Charakterdesign, die auf Grundlage des französischen Know-hows im Bereich Animation entwickelt wurden. Früher oder später kann Miroki im Gesundheitswesen, in der Gastronomie oder an Flughäfen eingesetzt werden, um dem Personal anstrengende logistische Aufgaben abzunehmen.

Humanoide Roboter: Eine Geschichte mit zwei Seiten

Allerdings galt es, den sogenannten Uncanny-Valley-Effekt zu vermeiden. Die vom Robotiker Masahiro Mori aufgestellte Theorie beschreibt das Gefühl von Unbehagen, das man angesichts einer humanoiden Figur empfindet, wenn diese zu menschenähnlich gestaltet ist. Durch die Kombination menschlicher Attribute (zwei Arme und ein Kopf) und tierischer Merkmale (die langen Ohren) in einer Manga-ähnlichen Figur gelingt es Enchanted Tools, der Beziehung zum Gegenüber eine neue Chance zu geben, und setzt hierfür auf vertraute Elemente. Der Hersteller arbeitet intensiv am lebensechten Aussehen der Figur, damit Miroki künftig ein Lächeln erwidern oder seinen Kopf drehen kann und sich dabei seinem Gesprächspartner beziehungsweise seiner Gesprächspartnerin perfekt anpasst.

Pepper und Nao, die ersten Krea­tionen von Jérôme Monceaux, brachten es als erste humanoide Roboter zu weltweiter Bekanntheit. Dennoch schafften es diese beiden Roboter nicht in den Alltag der Menschen, denn sie waren nicht „nützlich“ genug. Bei der Entwicklung von Miroki lautete die Challenge folglich, einen Roboter zu erschaffen, der sich nicht nur großer Akzeptanz erfreut, sondern auch von großem Nutzen ist. In diesem Zusammenhang galt es drei Herausforderungen in Sachen Robotertechnik zu bewältigen:

Um Miroki auf das echte Leben vorzubereiten, hat Enchanted Tools eine Partnerschaft mit dem auf Geriatrie spezialisierten Krankenhaus Broca der französischen Spitalgruppe AP-HP geschlossen.
Um Miroki auf das echte Leben vorzubereiten, hat Enchanted Tools eine Partnerschaft mit dem auf Geriatrie spezialisierten Krankenhaus Broca der französischen Spitalgruppe AP-HP geschlossen.
(Enchanted Tools/Maxon)

Die erste Herausforderung lag in der automatisierten Navigation in halbstandardisierten Räumen. Der auf einer rollbaren Kugel stehende Miroki kann sich völlig frei bewegen und bewegt werden. Steht er im Weg, genügt es, ihn leicht mit dem Finger anzustupsen, damit er wegrollt, während ein Roboter auf zwei Beinen oder Laufketten weggehoben werden müsste. Eine für die Mobilität in sozialen Bereichen oder in Arbeitsumgebungen notwendige Funktion: Miroki ist zugänglich und leicht zu bedienen.

Die zweite Herausforderung war das automatisierte Greifen von Gegenständen. Die Hände von Miroki sind so konzipiert, dass sie ausschließlich spezielle Griffe fassen können – sogenannte „Runen“, um die Fantasy-Geschichte weiterzuspinnen. Diese werden an den Gegenständen befestigt, die der Roboter hochheben soll. Die Universalgriffe, die Miroki verwendet, funktionieren mit Hilfe von Tags, die Gegenstände greifbar und Räume erkennbar machen sollen. So können künftig beispielsweise alle Zimmer einer bestimmten Krankenhausstation mit diesen Sensoren ausgestattet werden. Dank der radikalen Schlichtheit dieses Universalgriffs erreicht Miroki eine Erfolgsquote von 97 Prozent beim Greifen, während der Marktstandard bei etwa 60 Prozent liegt.

Die dritte Herausforderung lag in den semantischen und emotionalen Interaktionen mit unbedarft Nutzenden. Miroki bringt unter funktionalen Gesichtspunkten genau das richtige Maß an Inter­aktionsfähigkeit für humanoide Roboter mit, um Sprachbefehle verstehen und ausführen zu können.

15 Millionen Euro und 50 Mitarbeiter

Enchanted Tools wurde 2021 von Jérôme Monceaux, Multiunternehmer und Mitgründer von Aldebaran, sowie Samuel Benveniste (PhD), früherer Leiter des französischen Kompetenzzentrums für kognitive Stimulation CEN Stimco, gegründet. Bei Projektstart hatte das Start-up das höchste Startkapital in der französischen Robotik-Geschichte generiert: sage und schreibe 15 Millionen Euro, mithilfe derer 50 Expertinnen und Experten unterschiedlichster Fachrichtungen eingestellt wurden, um Miroki zum Leben zu erwecken.

Die Teams von Maxon unterstützten Enchanted Tools bei der Auslegung der Produkte und der Auswahl der verschiedenen Antriebe. Dabei wurden die technischen Anforderungen und die sehr kurzen Fristen bis zur Vorstellung des neuen Roboters berücksichtigt. Für den „Ball Bot“ fiel die Wahl auf die EC-i40-Motoren mit Planetengetriebe, während die anderen Achsen mit den bürstenlosen ECX Torque mit 22 Millimetern Durchmesser ausgerüstet wurden.

Da es sich um eine Anwendung im Bereich autonome Robotik handelt, bei der es um selbsttragende Systeme geht – und bei der die Stellantriebe folglich Teil der Lösung, aber auch des Problems (Gewicht, Trägheit, Platzbedarf) sind, „haben wir Motoren mit hoher Leistungsdichte und geringer Trägheit bezogen auf das Drehmoment empfohlen, das heißt, mit einer niedrigen mechanischen Anlaufzeitkonstante, sowie Reduktionsgetriebe mit hohem Wirkungsgrad und hoher Drehmomentdichte“, erläutern Kevin Schwartz, für Enchanted Tools zuständiger Vertriebsingenieur bei Maxon France, und Max Erick Busse-Grawitz, Technology Transfer Manager bei Maxon International.

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(Maxon Motor)
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Jetzt geht es um die Serienfertigung

Dank zahlreicher Besprechungen per Telefon und vor Ort arbeiteten die Maxon Teams Hand in Hand mit den technischen Teams von Enchanted Tools. Schrittweise konnten diese den Bedarf immer weiter konkretisieren und Achse für Achse neue Spezifikationen festlegen. Auf Grundlage dieser erfolgreichen Prototyping-Phase unterstützt Maxon nun das französische Start-up bei der Analyse dieser neuen Spezifikationen, um die optimale technische Lösung für die Serienfertigung zu definieren. Das Ziel: die perfekte Balance zwischen technischer Leistungsfähigkeit und Serienkosten für humanoide Roboter.

Nach der erfolgreichen Vorstellung des ersten Prototyps widmet sich Enchanted Tools 2023 einer zweiten Mittelbeschaffung, um mit der Produktion der ersten Modelle zu starten. Sobald diese in Betrieb gehen, werden die Mirokaï unter realen Bedingungen lernen und ihren Feinschliff erhalten, damit ihr Nutzen kontinuierlich steigt. Eine entsprechende Partnerschaft wurde bereits mit dem auf Geriatrie spezialisierten Krankenhaus Broca der französischen Spitalgruppe AP-HP eingegangen. Enchanted Tools plant anschließend die Vermarktung seiner Roboter bis 2025/2026. Gesetztes Ziel: die Fertigung von 100.000 Robotern innerhalb von zehn Jahren. „Unsere Roboter erfüllen die Voraussetzungen dafür, rasch und ohne leere Versprechungen im Leben der Menschen anzukommen“, stellt Monceaux klar. „Stellen Sie sich also darauf ein, dass Ihnen bald ein kleiner, rollender Fuchs eine Erfrischung anbieten wird.“

Die Autorin Marie Veronesi arbeitet als externe Redakteurin.

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