Enterprise-Search-Lösung: Mit intelligenter Suche den digitalen Faden spinnen

Verantwortlicher Redakteur:in: Rainer Trummer 4 min Lesedauer

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Ein fehlender oder unvollständiger „Digital Thread“ in Fertigungsunternehmen macht die Produktentwicklung fehleranfällig und ineffizient. Plattformen für Enterprise Search helfen, vorhandene Lücken zu schließen.

(Quelle: SpaceX/NASA)

Enterprise-Search-Lösung für mehr Übersicht: Es ist eines der derzeit am meisten diskutierten Konzepte in der Fertigung. Der „Digital Thread“ – eine Metapher für den optimalen Fluss von Produktdaten zwischen Menschen, Werkzeugen und Systemen, die am Produktlebenszyklus beteiligt sind. Wer ihn spinnt, verbessert die Effizienz in jeder Phase des Zyklus.

Konkret geht es um Daten, die zwischen Vertrieb und Konstruktionsabteilung in der frühen Entwurfsphase hin und her gehen beziehungsweise von PLM-Systemen (Product Lifecycle Management) an Tools für das ALM (Application Lifecycle Management) geschickt werden. Oder auch um digitale Zwillinge, die Informationen an ein Display in der Fertigungshalle senden. Zwischen all diesen Akteuren des Produktlebenszyklus muss es einen unterbrechungsfreien Datenfluss geben. Dieser Optimalzustand ist allerdings nur selten vorzufinden.

Zu hohe Qualitätskosten

Oft hemmen menschliche Eingriffe den Fluss. Excel-Sheets werden manuell ausgefüllt und per E-Mail versandt, wo sie dann im Eingangskorb hängenbleiben. Oder jemand lädt die Tabelle an unbekannten Netzwerkordnern hoch. Ältere technische Dokumente auf versteckten Festplatten sind dann schlicht nicht auffindbar. Unstrukturierte Daten (Bilder, Diagramme, Inhalte von Web-Chats und E-Mails, Kommentare auf dem Kundenauftrag) in unbekannten Dateiformaten lassen sich nicht für die Fertigung verwenden, widersprüchliche Informationen führen zu Ausschuss und Qualitätsproblemen.

Das alles summiert sich zu einer fehlerhaften, ineffizienten Produktentwicklung und damit zu hohen Qualitätskosten (Cost of Quality). Diese fallen an, um sicherzustellen, dass Produkte den Qualitätsstandards entsprechen beziehungsweise schlechte Qualität verhindert wird. Die American Society for Quality gibt an, dass CoQ bis zu 15 bis 20 Prozent des Umsatzes ausmachen. Einer allgemeinen Faustregel zufolge bestehen in einem Fertigungsbetrieb zehn bis 15 Prozent der Betriebskosten aus CoQ.

Ohne Enterprise-Search-Lösung: Bauteilentwürfe werden dupliziert

PLM-Programme gelten gemeinhin als „Single Source of Truth“ für Produktlebenszyklusdaten. Sie können aber nicht verhindern, dass in immer neuen Datensilos abgelegte Informationen nicht gefunden werden und der Digital Thread damit abreißt. Konstrukteurinnen und Konstrukteure verbringen viel Zeit damit, Bauteilentwürfe zu duplizieren, wenn sie mit unzusammenhängenden digitalen Fäden arbeiten.

Data Warehousing galt einst als Voraussetzung für die Erstellung von Digital Threads. Bei diesem Ansatz werden Daten aus verschiedenen Silos an einem Ort konsolidiert, dem Data Lake, um den Zugriff zu erleichtern. Für strukturierte Daten funktioniert dies (in der Theorie), es versagt aber bei unstrukturierten.

Deshalb sollten PLM-Systeme durch eine Software für intelligente Unternehmenssuche ergänzt werden. Diese verbindet sich mit allen Datenquellen im Unternehmen – sowohl mit strukturierten (relationale Datenbanken, Tabellenkalkulationen) als auch unstrukturierten (Bilder, E-Mails). Um Inhalte aus CAD-Programmen, die oft proprietär und nicht quelloffen sind, zu indizieren, verbindet sich die Enterprise-Search-Lösung mit diesen über API-Schnittstellen. Je mehr solcher vorgefertigter Konnektoren eine Such-Software mitbringt, desto breiter ist ihr Einsatzgebiet. Die Plattform von Sinequa etwa bringt hier ein Portfolio von über 200 Out-of-the-Box-Konnektoren mit, darunter auch zu den Tools der vdR Group, US-amerikanischer Anbieter von Datenmanagement- und PLM-Lösungen für die Fertigungsindustrie.

(Die Suchplattform indiziert die Inhalte der angeschlossenen Datenquellen, erstellt daraus eine Kerndatenbank und führt die Suchergebnisse in einer einheitlichen Ansicht zusammen. Bild: Sinequa)

Kontextuale Suche

Eine Suchplattform indiziert die Inhalte der angeschlossenen Datenquellen, erstellt daraus eine Kerndatenbank und führt die Such­ergebnisse in einer einheitlichen Ansicht zusammen. Durch KI-Funktionalitäten wie die Verarbeitung natürlicher Sprache (Natural Language Processing = NLP) und Algorithmen für Maschinelles Lernen (ML) erkennt die Enterprise-Search-Software zudem den Kontext des gesuchten Begriffs. Relevante Informationen können damit auch solche sein, in denen der gesuchte Begriff gar nicht vorkommt.

So entsteht eine 360°-Ansicht eines beliebigen Suchbegriffs. Sucht zum Beispiel ein Servicetechniker nach Informationen zur Teilenummer 808, gibt er diese in das Suchfeld ein. Das Ergebnis sind Treffer, die nicht nur die Teilenummer als solches enthalten, sondern auf die Rolle des Suchenden und frühere Suchergebnisse zugeschnitten sind – ein Google für Unternehmen.

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Kundenbetreuer können das Suchwerkzeug verwenden, um zum Beispiel einzugeben: „Wie installiert man Teil 808 im Feld?“ Das Tool würde dann Informationen wie Zugangscodes für die Wartung, Benutzer­dokumente, Statistiken, etc. ausgeben, häufige Fehlersuchverfahren oder Installationsprozesse, die dem Suchbegriff entsprechen. Für Ingenieurinnen und Ingenieure hingegen könnte derselbe Suchbegriff Konstruktionsdaten ermitteln, die besser der Rolle des Benutzers und der Auswahl aus früheren Suchanfragen entsprechen. Das Ergebnis ist ein vollständiger, zusammenhängender und durchsuchbarer digitaler Faden. Produktdaten zu jedem Prozessschritt sind für alle Beteiligten sofort im Zugriff.

Reduzierung von Ausfallzeiten durch Enterprise-Search-Lösung

Schätzungen von Sinequa zufolge lassen sich so mit einer Enterprise-Search-Lösung die CoQ um bis zu einem Viertel senken. Diese Zahlen basieren auf Erfahrungen, die Organisationen wie Airbus und NASA mit dem Einsatz der unternehmensweit eingesetzten Suchtechnologie gemacht haben. Bei Airbus lassen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Kunden über ein Self-Service-Portal Spezifikationen, Handbücher, User-Feedback und vieles mehr anzeigen, was zu einer nachgewiesenen Reduzierung der Ausfallzeiten von Produkten und Equipment geführt hat.

Die Ingenieurinnen und Ingenieure des Marshall Space Flight Center der NASA hatten Probleme damit, die über sechs Jahrzehnte hinweg gesammelten Informationen über Missionen, Teile, Logistik, etc. in isolierten Tools wie Sharepoint, PTC Windchill, CAD-Dateien und anderen Doku­menten aufzuspüren. Durch die Implementierung der Suchlösung haben sie nun Echtzeit-Zugang zu alle unternehmenskritischen Daten, können Inhalte, Daten, Entwürfe und Lösungen wiederverwenden und haben sogar ältere Raketentriebwerksdaten wiederentdeckt, die für ihre heutige Arbeit von Bedeutung sind.

Der Autor Frank Zscheile ist IT-Journalist in München.

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