Guided Selling: So lässt sich der Verkaufsprozess von Industriegütern vereinfachen

Verantwortlicher Redakteur:in: Rainer Trummer 4 min Lesedauer

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Auch B2B-Unternehmen müssen immer mehr Produktvarianten und individuelle Lösungen bieten. Sich in diesem Dschungel zurechtzufinden, ist eine Herausforderung für Vertriebsmitarbeiter und Kunden gleichermaßen. Der Guided-Selling-Ansatz bietet eine Lösung: Er baut Hürden im Verkaufsprozess ab und erleichtert Kunden die Kaufentscheidungen.

(Quelle: Mymemo/AdobeStock)

Guided Selling bedeutet übersetzt ‚geführtes Verkaufen‘. Es handelt sich dabei um einen softwaregestützten Verkaufsprozess, mit dem Kunden digital beraten und zum Kauf geleitet werden. Ein Guided-Selling-System führt entlang relevanter Anwenderfragen Schritt für Schritt zur passenden individuellen Lösung. Dabei wird durch das hinterlegte Regelwerk im Konfigurator stets sichergestellt, dass nur fehlerfreie und passende Produkte entstehen.

Guided Selling: Vom B2C zu B2B

Das ‚geführte Verkaufen‘ kennt man bereits in meist simplerer Form aus dem E-Commerce im B2C. Will ein Kunde beispielsweise online ein Kleidungsstück kaufen, wählt er auf der Website ganz einfach die gewünschte Größe, den Schnitt und die Farbe. Im Anschluss werden die passenden Produkte angezeigt. Bei technischen Produkten im B2B ist dies deutlich schwieriger. Aber mit der entsprechenden Konfigurationssoftware funktioniert der Ansatz auch für komplexe Maschinen, variantenreiche Komponenten und Industrielösungen.

Ein Beispiel aus der Praxis: Frewitt vertreibt hochwertige und individuell gefertigte Mühlen für die Pharma-, Chemie-, und Lebensmittelindustrie. Die Mühlen werden eingesetzt, um Rohstoffe zu zerkleinern und zu mikronisieren. Die vielfältigen Varianten hängen vom Einsatzzweck und -ort der jeweiligen Mühle ab. Je nach verarbeiteten Produkten und Arbeitsumgebungen gelten unterschiedliche Vorschriften für die Hygiene, den Brand- und Explosionsschutz oder die Arbeitssicherheit.

Früher musste das Vertriebsteam Daten einzeln erfassen

Vor Einführung des Konfigurators mit Guided Selling musste das Vertriebsteam von Frewitt in der Angebotsphase die Einsatzbedingungen der angefragten Mühle sehr präzise erfassen und in die Kalkulation mit einbeziehen. Dies erforderte einiges an Fachwissen, denn für bestimmte Einsatzgebiete sind nur spezielle Module und Ausstattungsmerkmale nutzbar. Das Unternehmen pflegte all diese Optionen und Regeln in Excel-Tabellen sowie in Textbausteinen. Jeder Vertriebsmitarbeiter erstellte und kalkulierte mit seinem individuellen Fachwissen aufwändig und manuell Angebote.

Durch die Einführung der CPQ-Software (Configure, Price, Quote) mit integriertem Guided Selling werden nun die Anforderungen der Kunden über die Oberfläche des Tools abgefragt. Die Software nimmt den Nutzern die technischen Entscheidungen ab und zeigt zum Schluss nur noch die relevanten, passenden Systeme an, aus denen dann gewählt werden kann. Das sichert bei Frewitt nun weltweit einheitliche Angebotsstandards und Kalkulationsgrundlagen. Yves Grossrieder, Product Management Director bei Frewitt erklärt: „Durch den Konfigurator verbrauchen wir keine Zeit mehr für aufwendige Angebotskosmetik und haben mehr Zeit für die eigentliche Beratung unserer Kunden.“

Folgeprozesse in SAP ohne Medienbrüche

Ein weiteres Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von Guided Selling ist die Hager Group, Spezialist für intelligente Gebäudesteuerung und Sicherheitstechnik, Energieverteilung und Leitungsführung. Um die anspruchsvollen und individuellen Wünsche ihrer Kunden zu erfüllen, hält das Unternehmen ein breites Portfolio bereit, das reich an Varianten und beratungsintensiv ist.

Aus diesem Grund hat man sich bei Hager bereits frühzeitig für eine Guided-Selling-Lösung entschieden. Für ihre Leistungsschalter mit rund 140 Millionen Varianten führte Hager einen Konfigurator ein, der auf dem Frage-Antwort-Prinzip von Guided Selling basiert. Dieser sichert eine fehlerfreie Konfiguration sowie einen einfachen Folgeprozess in SAP ohne Medienbruch. Michael Weisgerber, IT-Consultant bei der Hager Group, erklärt: „Seither hatten wir keine einzige Fehlbestellung mehr. Die Prozesse sind durchgängig und hochintegriert. Sie laufen schlank und gut.“

(Mit der Mühle Flexmill-Lab von Frewitt können mit derselben Ausrüstung sechs verschiedene Mahltechnologien abgedeckt werden. Bild: Frewitt)

Guided Selling: Ohne Fachwissen Ladestationen richtig zusammenstellen

Diesen Guided-Selling-Ansatz verfolgt der Anbieter bei allen neuen Produktentwicklungen, auch in seinem neuesten Konfigurator für Ladestationen in der E-Mobilität, die ebenfalls sehr komplex und variantenreich sind. „Unser Kunden mussten bis dahin Kurse besuchen und Handbücher studieren, um die Lösungen richtig zusammenstellen zu können“, erinnert sich Michael Weisgerber. Diese Zeiten sind seit der Einführung der Konfiguratoren vorbei. „Auf Grundlage von logischen Fragen und Antworten gibt unser System sämtliche Teile aus, die für den Bau der Anlagen benötigt werden und vermittelt dem Elektrotechniker einen schnellen und vollständigen Überblick.“

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Im Guided-Selling-Prozess werden die Kunden mit ihren individuellen Anforderungen in einer für sie verständlichen (Fach-)Sprache durch den Verkaufsprozess geleitet. Die Nutzer werden interaktiv durch alle relevanten Produktmerkmale geführt. Die Auswahlmöglichkeiten ergeben sich aus den getroffenen Entscheidungen. Das grenzt die möglichen Optionen immer weiter ein, sodass Kunden schnell und zielgerichtet zu ihrer passenden Lösung gelangen. Kunden­zentrierte Guided-Selling-Systeme überfordern dabei nicht mit unübersichtlichen technischen Informationen.

Guided-Selling-Lösungen können in verschiedenen Verkaufsszenarien eingesetzt werden. Im Verkaufsgespräch können Vertriebsmitarbeiter kompetent beraten und parallel ein Angebot konfigurieren. Hersteller können ebenso Händlern oder Fachpartnern Guided-Selling-Tools für die eigenständige Kundenberatung zur Verfügung stellen. Eine weitere Option ist, die Kunden selbst ihr individuelles Produkt online über einen Webkonfigurator mit Guided-Selling-Funktion zusammenstellen zu lassen.

Beim Einsatz einer Guided-Selling-Lösung benötigt weder der Kunde noch der Vertriebsmitarbeiter tiefgehendes technisches Fachwissen. Auch entfallen aufwendige interne Abstimmungen zur technischen Machbarkeit. Ergänzend kann das System Cross- und Upselling-Optionen darstellen. Produktneuerungen oder passende Zusatzleistungen können automatisch mit ausgewiesen werden. Das versetzt auch Verkäufer mit geringer Produkt- und Technikerfahrung in die Lage, zuverlässig und erfolgreich zu verkaufen. Auch angesichts des Fachkräftemangels eine Option, die eine immer größere Bedeutung erlangt.

Die Einführung einer Guided-Selling-Lösung erleichtert nicht nur den Kunden den Zugang zum Produktportfolio, sie führt auch zu einem effizienteren Verkaufsprozess und kann einen entscheidenden Unterschied im Wettbewerb darstellen.

Der Autor Simon Schröder ist Leiter Vertrieb und Marketing bei Encoway.

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