CE-Prozesse digitalisieren Chancen der neuen EU-Maschinenverordnung

Ein Gastbeitrag von Johannes Windeler-Frick und Daniel Magnus 5 min Lesedauer

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Mit der Einführung der neuen Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 und deren Inkrafttreten zum 20.01.2027 ergeben sich sowohl Herausforderungen als auch Möglichkeiten für Hersteller von Maschinen und Anlagen im Bereich der Risikobeurteilung, CE-Kennzeichnung und des CE-Managements.

Beim Umstieg von der Maschinenrichtline auf die neue Maschinenverordnung können Unternehmen durchstarten und ihre CE-Prozesse digitalisieren.
Beim Umstieg von der Maschinenrichtline auf die neue Maschinenverordnung können Unternehmen durchstarten und ihre CE-Prozesse digitalisieren.
(Bild: BlackSalmon/iStock)

Bis zum 20.01.2027 gilt weiter die EU-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, welche über einen langen Zeitraum die Gestaltung von Maschinen und Anlagen in Europa maßgeblich geprägt hat. Ihr Hauptziel bestand und besteht darin, ein hohes Maß an Sicherheit für Betreiber und Nutzer zu gewährleisten. Dieser Artikel zeigt, wie der gezielte Übergang von der Maschinenrichtlinie zur Maschinenverordnung erfolgen kann und welche Chancen sich bieten, insbesondere im Bereich der Digitalisierung. Zu Beginn müssen sich Zuständige mit der neuen Verordnung befassen und bewerten, welche Auswirkungen auf Konstruktions- und Dokumentationsprozesse bestehen. Insbesondere bei vernetzten Maschinen ergeben sich zusätzliche Anforderungen sowohl aus der Maschinenverordnung selbst, als auch aus anderen Rechtsbereichen wie dem Cyber Resilience Act und der Funkgeräterichtlinie. Generell sollten Hersteller hinterfragen, wie gut die Themen Risikobeurteilung und CE-Kennzeichnung aktuell organisiert sind. Erfolgt die Dokumentation noch immer ausschließlich in Excel und Word kann dies ein Anzeichen sein, dass erhebliches Optimierungspotential durch eine durchgängige Digitalisierung vorhanden ist.

Lohnt sich die Beiziehung von externen Beratern?

Ob der Umstieg durch externe Berater begleitet wird, oder ob die Änderungen intern erarbeitet werden, ist unter Berücksichtigung der vorhandenen Kenntnisse und Erfahrungen jeweils individuell zu beurteilen. Durch die Beiziehung von seriösen Fachkundigen, welche die Unterschiede zwischen aktueller und zukünftiger Regulierung im Detail kennen, können Kosten ggf. reduziert werden.
Wird der interne Weg verfolgt, so lohnt sich meist zumindest die Teilnahme an Seminaren, um zu prüfen, ob firmenexterne Experten zu den gleichen Schlüssen kommen.
Unabhängig ob mit externer Unterstützung oder intern: Zu Beginn von Umsetzungsinitiativen sollte unter Einbeziehung der relevanten Stakeholder (Abteilungsleitung, Geschäftsleitung oder auch QS) ermittelt werden, wie unterschiedliche Aspekte der Product-Compliance heute gelebt werden.
In diesem Zuge gilt es zu bewerten, ob die ohnehin notwendigen Anpassungen optimiert werden sollen, oder ob der aktuelle Zustand nach wie vor als angemessen betrachtet wird.

Frühzeitige Planung und Organisation haben klare Vorteile

Einige Fragen können im Zuge von Prozessoptimierungen mit Stakeholdern geklärt werden. Wichtig zu betonen ist: Hersteller, die ihre Prozesse gemäß der aktuellen Maschinenrichtlinie 2006/42/EG gut organisiert haben, sind auch für die neuen Anforderungen gut gerüstet. Für sie bietet sich dennoch die Gelegenheit, um Prozesse, die gemäß der MVO ohnehin angegangen werden müssen, direkt effizienter zu gestalten und dabei den gesamten CE-Lifecycle zu digitalisieren. Dabei sollten insbesondere Anlagenbauer den Stichtag zum 20.01.2027 bereits heute im Blick haben, während Maschinenbauer aufgrund kürzerer Projektlaufzeiten möglicherweise noch von mehr Flexibilität profitieren. Eine frühzeitige Planung und Organisation versprechen klare Vorteile in der späteren Umsetzung. Angesichts der Notwendigkeit, Prozesse und Strukturen im Zuge der neuen Maschinenverordnung zu überdenken, bietet sich dies als Gelegenheit zur harmonisierten Überarbeitung alter, eingefahrener Prozesse an. Für einen erfolgreichen Change-Prozess ist es insbesondere wichtig, dass sich das Management dazu verpflichtet fühlt, diese Aufbruchsstimmung aktiv vorzuleben.

Prozesse auf Marktbeobachtung und Rückrufmanagement überprüfen

Betrachtet man die Maschinenverordnung im Detail, offenbaren sich nicht nur Veränderungen in der Terminologie und der Struktur von Artikeln und Anhängen, sondern auch neue Inhalte. Ein Beispiel dafür ist die explizite Nennung künstlicher Intelligenz, oder wie es in der Verordnung heißt „selbstentwickelndem Verhalten“ und „selbstentwickelnde Logik“. Vor allem in Anhang III sind explizite Anforderungen vorgegeben, welche zu beachten sind. Auch das Thema der möglichen Implementierung von digitalen Betriebsanleitungen (unter bestimmten Einschränkungen) ist neu. Wichtig ist dabei auf die verbundenen Pflichten in Bezug auf die Online-Verfügbarkeit von mindestens 10 Jahren für den Hersteller hinzuweisen.

Die Abbildung zeigt exemplarisch, welche Fragen im Zuge von Prozessoptimierungen mit Stakeholdern geklärt werden können.
(Bild: IBF Solutions GmbH)

Daraus resultieren neue Prozesse zwischen IT, technischer Redaktion und Marketing, da bei der dauerhaften zur Verfügungstellung im WEB entsprechend auch andere Abteilungen involviert sind, welche bislang mit dem Thema der Produktkonformität keine Berührungspunkte hatten. Neu ist auch, dass Nachmarktpflichten nun explizit erwähnt werden, die Hersteller dazu verpflichten, umgehend etwaige Korrekturmaßnahmen zu ergreifen, um die Konformität mit der Verordnung sicherzustellen, sollte es Anlass dazu geben.
Dies kann auch die Informierung nationaler Behörden oder im Bedarfsfall die Entfernung des Produkts vom Markt umfassen. In diesem Zusammenhang empfiehlt es sich, dass Hersteller ihre Prozesse im Hinblick auf eine proaktive Marktbeobachtung und ein effektives Rückrufmanagement überprüfen.

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Optimaler Zeitpunkt zur Digitalisierung von Prozessen

Die Einführung neuer Technologien und Werkzeuge erleichtert den strukturierten Übergang zur neuen Maschinenverordnung erheblich. Speziell für die CE-Kennzeichnung und Risikobewertung entwickelte Softwarelösungen rationalisieren den Prozess und vereinfachen die Einhaltung neuer Vorschriften und Normen. Professionelle Funktionen für die Risikobeurteilung, Dokumentenverwaltung und Compliance-Überwachung, helfen Konstrukteuren und anderen zuständigen Personen den Überblick zu behalten und effizienter zu arbeiten.

Eine gezielte Vorbereitung, die Einbindung von externem Fachwissen und die Nutzung von Softwaretools für eine effektive CE-Kennzeichnung und Risikobeurteilung bieten jetzt die Möglichkeit, das Fundament für grundlegende Digitalisierungs-Möglichkeiten zu legen.

Angesichts der ohnehin notwendigen Aktualisierung bestehender Prozess ist jetzt der optimale Zeitpunkt zur Digitalisierung von Prozessen und um „traditionelle“ Methoden wie Word und Excel durch bewährte CE-Software, wie beispielsweise Safexpert zu ersetzen. Dies trägt insbesondere dazu bei, Risiken wie veraltete Dokumente, isoliertes Fachwissen und den Wissensverlust durch das Ausscheiden von Experten zu minimieren. Ein zentrales Softwaretool ermöglicht zudem eine standortübergreifende und zeitgleiche Teamarbeit an Projekten, was die Bildung von Wissensinseln reduziert und für eine unternehmensweite, einheitliche Dokumentation sorgt.

Türöffner für Steigerung der Effizienz

Der Übergang von der Maschinenrichtlinie zur neuen Maschinenverordnung stellt zweifellos eine Herausforderung dar, die aber sinnvolle Synergien zur Prozessoptimierung bietet. Jede Veränderung ist von Natur aus mit einem gewissen Aufwand verbunden, der sich jedoch mit dem Commitment des Managements und der Konstruktion sowie anderer Abteilungen als äußerst wertvoll erweisen kann. Eine gezielte Vorbereitung, die Einbindung von externem Fachwissen und die Nutzung von Softwaretools für eine effektive CE-Kennzeichnung und Risikobeurteilung bieten jetzt die Möglichkeit, das Fundament für grundlegende Digitalisierungs-Möglichkeiten zu legen. Die neue Maschinenverordnung kann somit als Türöffner für eine Steigerung der Effizienz dienen.

Autoreninfo: Johannes Windeler-Frick ist Geschäftsführer und Daniel Magnus Business Development Manager der IBF Solutions GmbH.