DC-Servomotoren für neue 3D-Karte des Universums im Einsatz

Verantwortlicher Redakteur:in: Rainer Trummer 4 min Lesedauer

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Schon immer „greifen“ Wissenschaftler nach den Sternen und erhoffen sich Erkenntnisse über elementare Fragen unserer Existenz. Vor einigen Jahren haben Forscher aus dem Kooperationsverbund „Sloan Digital Sky Surves“ (SDSS) die erste 3D-Karte des bisher bekannten Universums vorgestellt. Nun soll sie durch spektroskopische Untersuchungen verfeinert werden und neue Erkenntnisse liefern. Roboter und etwa 2.000 bürstenlose DC-Servomotoren helfen dabei.

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DC-Servomotoren im Einsatz: Mehr als vier Millionen Sterne und rund 300.000 Schwarze Löcher wollen die Wissenschaftler von SDSS-V in den kommenden fünf Jahren beobachten und analysieren. Gesammelt werden die Daten mit zwei Großteleskopen von Apache Point in New Mexico und dem Las Campanas in Chile. „Mit der doppelten Perspektive von der nördlichen und der südlichen Hemisphäre können wir am Himmel in alle Richtungen blicken“, erklärt Jean-Paul Kneib, Professor für Astrophysik an der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne in der Schweiz (EPFL).

DC-Servomotoren für bessere Sicht

Dieser „Blick“ fällt zunächst durch optische Fasern in den Teleskopen, die als Lichtempfänger dienen und exakt auf die jeweilige Himmelsposition zeigen. Die hochpräzise Ausrichtung der optischen Einheiten übernehmen pro Teleskop 500 kleine Roboter-Aktoren. Bürstenlose Servomotoren und Präzisionsgetriebe von Faulhaber treiben die jeweils zwei Roboterachsen an. Die optischen Fasern in den Teleskopen lassen sich so exakt auf bestimmte Objekte im Universum ausrichten, um einzelne Sterne oder die leuchtenden Akkretionsscheiben von Schwarzen Löchern gezielt zu beobachten.

Entstehung der schwereren Elemente

Neben der Rekonstruktion der Geschichte der Milchstraße wollen die Wissenschaftler die Entstehung der chemischen Elemente zurückverfolgen und dazu das Innenleben von Sternen entschlüsseln. Auch die Entstehung von Planeten gilt es zu untersuchen sowie viele der offenen Fragen zu beantworten, die es rund um die Schwarzen Löcher immer noch gibt. Eine Kartierung der interstellaren Gasmassen der Milchstraße – tausendmal genauer als bisher – ist ebenfalls geplant. Mit den neuen Erkenntnissen hoffen die Wissenschaftler die „selbstregulierenden Mechanismen galaktischer Ökosysteme“ zu beschreiben „Dafür haben wir die beiden Teleskope schon in bisherigen SDSS-Projekten benutzt. Mit SDSS-V schaffen wir jetzt aber einen echten Quantensprung, was die Effizienz der Beobachtung und die Menge der erhobenen Daten angeht.“

Schnellere Ausrichtung durch DC-Servomotoren schafft neue Möglichkeiten

Für eine Messung werden zunächst die ­Teleskope in Richtung der Beobachtungsobjekte ausgerichtet. Die präzise ausgerichtete optische Faser nimmt dann einzelne Punkte der Gesamtansicht genauer ins Visier. „Bisher mussten wir für unterschiedliche Beobachtungsaufgaben jeweils spezielle Platten anfertigen lassen. Die Vorbereitung jeder einzelnen Platte dauerte mehrere Wochen. Anschließend wurden die Fasern von Hand in der Platte befestigt – ein sehr aufwändiger und zeitraubender Vorgang“, berichtet Jean-Paul Kneib. Mit der für das SDSS-V entwickelten neuen Technologie dauert die Veränderung der Faserkonfiguration für neue Objekte statt Wochen nur noch höchstens eine Minute. So können die Forscher selbst auf unvorhergesehene kosmische Ereignisse schnell reagieren, um sie von Anfang an gezielt zu untersuchen.

Die kleinen Roboter-Aktoren setzen sich jeweils aus zwei längs angeordneten schlanken Zylindern mit einem gebogenen Fortsatz am vorderen Ende zusammen.
Die kleinen Roboter-Aktoren setzen sich jeweils aus zwei längs angeordneten schlanken Zylindern mit einem gebogenen Fortsatz am vorderen Ende zusammen.
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Messdaten können Modelle verfeinern

Entdecken beispielsweise andere Teleskope ein Ereignis wie eine neue Supernova kann einer der Aktoren sein optisches Element praktisch ohne Zeitverzug darauf ausrichten. Eine detaillierte Analyse der physikalisch-chemischen Abläufe dieses „Hotspots“ zu einem bislang unerreichbar frühen Zeitpunkt der Supernova-Entwicklung ist also möglich. Die generierten Messdaten können dann mit vorhandenen Theorien abgeglichen werden und die Modelle verfeinern. „Da wir mit der automatischen Ausrichtung enorm viel Zeit sparen, können wir viel mehr Objekte beobachten und entsprechend mehr Einzelmessungen vornehmen“, erläutert Jean-Paul Kneib. „Dieser Effekt wird durch die hohe Präzision noch weiter potenziert. Der Durchmesser der optischen Faser beträgt hundert Mikrometer. Der Durchmesser des Lichtpunktes, der von einem beobachteten kosmischen Objekt im Teleskop auftrifft, ist etwa genauso groß. Je exakter diese beiden kleinen Flächen übereinander liegen, desto mehr Lichtausbeute haben wir für unsere Messungen und desto schneller bekommen wir valide Ergebnisse.“

Optikfaser exakt justiert

Die kleinen Roboter-Aktoren bestehen jeweils aus zwei längs angeordneten schlanken Zylindern mit einem gebogenen Fortsatz am vorderen Ende. Der hintere, dickere Zylinder sitzt in der Detektor-Platte des Teleskops. Er bildet die Alpha-Einheit und dreht die Zentralachse des Roboters. In Achsrichtung ist vorn die Beta-Einheit exzentrisch montiert. Sie bewegt die jeweils drei Faserspitzen ebenfalls auf einer Kreisbahn: für das Licht im sichtbaren, das Licht im infraroten Spektrum und die Kalibrierfaser im gebogenen Fortsatz. Die beiden axialen Bewegungen durch die DC-Servomotoren können so zusammen die optischen Faserspitzen innerhalb einer runden Fläche beliebig auf fünf Mikrometer genau positionieren. Die Kreise, die die Roboter abdecken, überschneiden sich teilweise mit den Kreisflächen der Nachbarn. So lässt sich im Erfassungsbereich des Teleskops jeder Punkt am Himmel automatisch anpeilen.

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Hohe Genauigkeit durch ausgeklügelte Mechanik

Für die hohe Genauigkeit sorgen die Motoren und Getriebe von Faulhaber sowie die eigens für diese Anwendung entwickelte Mechanik, die von der Faulhaber-Tochter MPS stammt. Beide Roboterachsen werden von bürstenlosen DC-Servomotoren mit 12- und 6-Millimeter-Durchmesser angetrieben, aus der Serie 1218 B für die Alpha- und 0620 B für die Beta-Achse. Passende Planetengetriebe übertragen Drehzahl und Drehmoment in die Robotermechanik. Integrierte Encoder melden jeweils die genaue Drehposition der Motoren an die Steuerung. „Um die geforderte Präzision zu erreichen, mussten wir das Spiel im System beseitigen“, erläutert Stefane Caseiro, der bei MPS für das Design der Mechanik verantwortlich war. Dafür ersetzten die Ingenieure unter anderem die übliche Kupplung zwischen den Getriebeschäften und den mechanischen Achsen des Roboters durch Klemmverbindungen. Eine Druckfeder sorgt für eine Grundlast, um das Getriebe spielfrei zu machen. „Allein die passende Feder zu finden hat mehrere Monate gebraucht“, erinnert sich der MPS-Ingenieur.

„Es gibt auf der ganzen Welt nicht mal eine Handvoll Hersteller, die Kleinstmotoren in der geforderten Qualität und Haltbarkeit produzieren können“, sagt Astrophysiker Kneib. „Faulhaber stand selbstverständlich mit auf der kurzen Liste der Firmen, die wir um ein Angebot baten. Mit MPS hatten wir schon bei einem früheren Projekt erfolgreich zusammengearbeitet.

Der Autor Diplom-Ingenieur (BA) Andreas Seegen ist Leiter Marketing bei Faulhaber. Autorin Ellen-Christine Reiff, M.A., Mitarbeiterin im Redaktionsbüro Stutensee.

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