Software-Updates für Fahrzeuge: Simulation sorgt für mehr Tempo bei der Homologation

Verantwortlicher Redakteur:in: Rainer Trummer 4 min Lesedauer

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Autos sind heute fahrende Computer, in denen Software wesentliche Funktionen steuert. Mit „Digital Loop“ lassen sich nun Genehmigungsverfahren für Software-Updates durch virtuelle Simulation beschleunigen.

(Quelle: FEV Group)
  • Kontrol, dSPACE, FEV.io, TÜV SÜD, Microsoft Deutschland, T-Systems und Berylls entwickeln gemeinsam eine neue digitale Lösung für die Genehmigung von Updates für software-definierte Fahrzeuge.

  • Das Konzept namens „Digital Loop“ adressiert die Homologation von Software-Aktualisierungen über das Mobilfunknetz.

  • Es wird vom 4. bis 8. September auf der IAA Mobility in München erstmals als Showcase vorgestellt.

Fahrzeugtests unter verschiedenen Straßen- und Umweltbedingungen sowie Validierungen sind vor der Markteinführung eines neuen Fahrzeugtyps mit automatisierten Fahrfunktionen in der Europäischen Union verpflichtend. Mit der Integration von Software in Fahrzeugen ist eine solche Homologation auch bei bestimmten Software-Updates erforderlich. Man kann schon heute homologationsrelevante Updates und sogar neue Funktionsweisen "Over-the-Air" (OTA) in automatisierte und teilautomatisierte Fahrzeuge integrieren. Angesichts der hohen regulatorischen Anforderungen sind die bisherigen Prozesse dafür jedoch sehr zeitaufwändig. Deshalb benötigt man ein schnelles und zuverlässiges Prüfverfahren zwischen Herstellern, technischen Diensten und Zulassungsbehörden für Fahrzeuge.

Virtuelle Homologation mit dem „Digital Loop“

Die Projektgruppe aus sieben Unternehmen entwickelt deshalb eine softwarebasierte virtuelle Homologation für umfangreiche OTA-Fahrzeug-Updates per Mobilfunk. Ihr „Digital Loop“ verspricht erhebliche Vorteile für Automobilhersteller und Regulierungsbehörden: Zeit- und Kostenersparnis für Typgenehmigungen, sowie die Aufrechterhaltung der Produktkonformität während des gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs. Herausforderungen sind dabei die Vereinfachung regulatorischer Komplexität, die Risikominderung, Kontrolle der steigenden Kosten für Softwareentwicklung und -validierung sowie die Beschleunigung der Prozesszeiten.

Dafür werden mithilfe von modernen Simulationstechniken reale Szenarien nachgebildet. Diese gewährleisten die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der digitalen Umgebung für Test-, Validierungs- und Homologationszwecke. Das sogenannte „Virtual Simulation Environment“ ist ein digitales Abbild der realen Welt. Denn es nutzt hochdetaillierte und realistische 3D-Modelle von Straßen, Fahrzeugen, Fußgängern, Wetterbedingungen und anderen relevanten Faktoren. Die Fahrzeugsysteme werden mit diesen Simulationen konfrontiert und ihre Reaktionen und Entscheidungen analysiert. Ziel ist es, mit „Digital Loop“ den Homologationsprozess bei OTA-Software-Updates signifikant zu beschleunigen und analoge Testverfahren wesentlich zu reduzieren.

Software-definierte Fahrzeuge erfordern branchenübergreifende Zusammenarbeit

Mit „Digital Loop“ strebt die Projektgruppe nach einer schnelleren, kontinuierlichen und virtuellen Homologation. „Unsere Mission ist es, die Art und Weise zu revolutionieren, wie wir Software-Updates in software-definierten Fahrzeugen validieren und homologieren, die Zeit bis zur Markteinführung zu verkürzen, sowie die höchsten Sicherheitsstandards und die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften im Betrieb zu gewährleisten", erläutert Alexander Kraus, CTO der Division Mobility von TÜV SÜD.

Autos sind heute fahrende Computer, in denen Software wesentliche Funktionen steuert. Somit wird eine branchenübergreifende Zusammenarbeit von Automobilherstellern mit Behörden und technischen Diensten sowie IT- und Software-Unternehmen immer wichtiger.

Die Stärken der Projektpartner

Die breit aufgestellte Projektgruppe von „Digital Loop“ vereint alle relevanten Kompetenzen:

  • TÜV SÜD verfügt über umfangreiches Fachwissen in Sicherheitsbewertungen, Zertifizierungen und Homologationen, aufgrund seiner Funktion als technischer Dienst für die Behörden.

  • Kontrol stellt sein Wissen im Bereich regulatorische Compliance zur Verfügung, unter anderem in Form von software-gestützten Anforderungen.

  • FEV.io unterstützt als ganzheitlicher Software-Entwicklungsdienstleister für intelligente und sichere Mobilität entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Fahrzeug- und Systementwicklung weltweit.

  • dSPACE trägt seine Expertise in der Simulation und Validierung von autonomen Fahrfunktionen bei.

  • Microsoft Deutschland bietet die Cloud-Infrastruktur von Microsoft Azure, verschiedenste KI-, VR- und Cybersecurity-Technologien sowie seine umfangreichen Kompetenzen an.

  • T-Systems integriert die Bausteine der Partner in eine Gesamtlösung und bringt die Software-Updates via Mobilfunk ins Auto.

  • Die Berylls Group leistet strategische Beratung und verfügt über ganzheitliche (Prozess-) Implementierungsfertigkeiten.

„Digital Loop“ auf der IAA Mobility 2023: Gesamter Prozess einer virtuellen Homologation

Auf der IAA Mobility in München präsentiert das Team sein Konzept zum ersten Mal der Öffentlichkeit. Ein Showcase auf dem Messegelände bildet den gesamten Prozess einer virtuellen Homologation ab. Das umfasst die Funktionsweise vor dem Update (Testfahrt 1), eine Schritt-für-Schritt-Präsentation der virtuellen Homologation, sowie die erweiterte Funktionsweise nach dem Update (Testfahrt 2). Das konkrete Zusammenspiel der einzelnen Partner wird anhand eines homologationskritischen Updates gezeigt: der Erweiterung eines Operational Design Domain (ODD) für ein von FEV.io zur Verfügung gestelltes SAE Level-3-Fahrzeug mit einem automatischen Spurhaltesystem.

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Bei der Paneldiskussion „The Future of Vehicle Homologation: Embracing Innovation and Technological Advancements“ befassen sich außerdem Führungskräfte der Automobilbranche am 6. September um 16 Uhr mit den Herausforderungen, technologischen Lösungen und Zukunftsszenarien der Homologation. Für das Podium auf der Blue Stage in Halle A3 haben Richard Damm (Präsident des Kraftfahrt-Bundesamt (KBA)), Kai Grünitz (Markenvorstand Technische Entwicklung bei Volkswagen), Patrick Fruth (CEO TÜV SÜD, Division Mobility), Dr. Christian Hort (Leiter Automotive bei T-Systems) und Dr. Rupert Stützle (General Manager Lead EMEA für Manufacturing and Mobility bei Microsoft) ihre Teilnahme zugesichert.

Bild oben: Auf der IAA Mobility 2023 wird das von FEV.io zur Verfügung gestellte SAE Level-3-Fahrzeug mit einem automatischen Spurhaltesystem das konkrete Zusammenspiel der einzelnen Partner anhand eines homologationskritischen Updates demonstrieren: der Erweiterung eines Operational Design Domain (ODD). Quelle: FEV Group

Weitere Informationen: https://www.fev.com/de/

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